Sogenannte Erziehungshilfen gibt es in jedem Zoofachgeschäft, jeder kann sie käuflich erwerben und an seinem Hund ausprobieren bzw. sie anwenden. 

 

Oft versprechen diese "Helfer" eine schnelle Lösung bei allen Problemen.

 

Der Hund zieht sofort nicht mehr, der Hund bellt nicht mehr, der Hund wird sofort unter Kontrolle gebracht, störendes Verhalten kann sofort unterbunden werden.

Sofort ist da das Zauberwort. Denn das Verhalten stört jetzt und sofort und muss jetzt und sofort auch wieder weg.

 

Ich möchte einmal auf den Aspekt hinweisen, dass ein Fehlverhalten des Hundes eine längere Geschichte hat. Ich wohne  in einem Bereich, wo viele Hundehalter gerne spazieren gehen und wenn ich am Schreibtisch sitze und über Trainingsplänen brüte oder anderes zu tun habe, gucke ich oft die Straße hinunter und sehe Halter und ihre Hunde. Aktuell sehe ich fast jeden Tag eine Frau mit ihrem Welpen - nun schon fast Junghund - das Ziehen an der Leine üben. Sie selber würde mir sagen, dass sie täglich spazieren geht.

 

Was ich sehe ist aber ein Welpe, der fröhlich an der Leine hin und her springt und die Richtung vorgibt und eine Halterin, die alles gehorsam mitmacht. Ihrem Welpen folgt und dahin geht, wo er gerne hinmöchte, wenn er lange genug zieht, dann rennt sie sogar mit. Die beiden haben viel Spaß zusammen.

 

Momentan schätze ich den Hund auf ca. 10 Kilo. Es wird aber mal ein großer Hund werden und dann ca. 40 Kilo wiegen. Und auf einmal findet es die Halterin nicht mehr lustig, dass der Hund die Richtung vorgibt, dass sie rennen soll, wenn er schnell irgendwo hin muss, dass er bestimmt, wie lange wo geschnüffelt und geguckt wird.

 

Dann geht die selbe Dame vielleicht in ein Zoofachgeschäft und guckt sich um und kauft sich auf Anraten der Verkäufer ein Halti, denn damit kann sie sofort ihrem Hund zeigen, wer bestimmt, wo es lang geht. Zuhause angekommen, wird dem erstaunten Hund das Halti über die Schnauze gestülpt und die Leine dran befestigt, ach ja, der andere Teil der Leine soll noch an das Halsband. Und dann wird drauf losprobiert. Der Hund zieht und die Halterin zieht mal kräftig am Halti dagegen. Klappt wunderbar. Der Kopf des Hundes fliegt seitlich weg, er springt erschrocken zur Seite, aber ein neuer Ruck bringt ihn sofort wieder neben die Halterin. (Nach dem zweiten Ruck können Sie übrigens einen Termin bei der Hunde-Physiotherapeutin machen und die Halswirbel wieder einrenken lassen!)

 

Es klappt wunderbar, die Halterin hat die vollkommene Kontrolle über den Hund und zieht den Kopf ruckartig hin und her und der Hund bleibt neben ihr. Das Teil war sein Geld wert!!!

 

Nach zwei Wochen nimmt die Halterin das Halti wieder ab, denn viele Nachbarn fragen, warum ihr Hund denn einen Maulkorb braucht und gucken misstrauisch auf den großen Hund. Das soll ja nicht sein. Ihr Hund ist ja eine Seele von Hund und so kommt das Halti wieder ab, der Hund hat es jetzt auch gelernt, er kann an der Leine gehen.

 

Das Halti kommt weg und ............ der Hund zieht.

 

Und nun? Wie kann das sein? Hat der Hund denn nichts gelernt?

 

Nein, das hat er tatsächlich nicht. Er hat den Schmerz gemieden, aber er hat nicht gelernt, wie er gut an der Leine laufen soll. Wie auch? Ein Training, was er machen soll, hat ja gar nicht stattgefunden.

 

Wobei ich den Einsatz eines Haltis gar nicht verpöne, aber auch damit muss der Hund lernen und nicht einfach durch Rucken am Kopf gegängelt werden. 

 

Liebe Hundehalter, ein Fehlverhalten kommt fast nie über Nacht, viele Dinge erziehen Sie ihrem Hund über Monate an - auch wenn es Ihnen nicht bewusst ist. Denken Sie nicht auch, dass Sie es Ihrem Hund  schuldig sind, auch Zeit dafür zu haben, Ihre Fehler wieder auszubügeln? Und Fehler passieren jedem von uns. Das ist erst Mal gar nichts schlimmes.

 

Mir sind bei jedem Hund welche passiert. Ich habe Fehlverhalten schön geredet (der ist ja noch so klein), bagatellisiert (ist nur eine Phase, da wächst er raus) oder fand es anfangs lustig (der freut sich halt so) - das ist menschlich. Finde ich. Die sind ja auch sooo niedlich. Und auch ich kam an den Punkt, wo ich mir eingestehen musste: äh, die Phase ist sehr lang, klein ist er nicht mehr und Freude darf nicht so umwerfend sein. 

 

Und das ist der Punkt, an dem ich anfing ganz gezielt zu trainieren. Positiv. Der Hund wird nicht für sein Fehlverhalten gestraft, sondern ich zeige ihm, was er  machen soll und dafür wird er belohnt. Und wir üben zusammen und haben sogar Spaß dabei. Aber der Hund muss auch Grenzen kennen lernen. Eine Rückmeldung bekommen, dass er einen Fehler macht und unerwünschtes Verhalten zeigt. Grenzen setzen hat aber nichts mit Gewalt zu tun, bzw. es muss nicht durch den Einsatz von Gewalt erfolgen. 

 

Ein ausreichender Schmerz stoppt natürlich jedes Fehlverhalten sofort - aber lernen was zu tun ist, das passiert nicht.

 

Und wenn ich Ihnen auch nicht versprechen kann, dass Sie innerhalb von Sekunden einen funktionierenden Hund haben, so kann ich Ihnen versprechen, wenn Sie fleißig üben und mitmachen, dann dauert es gar nicht lange, bis Sie große Fortschritte sehen. Gerade wenn Sie sehr konsequent und klar im Umgang mit ihrem Hund  sind, kommen Sie überraschend schnell ans Ziel. Und Ihr Hund hat was gelernt! Und Ihr Hund baut Bindung zu Ihnen auf, er vertraut Ihnen und kommt gerne zu Ihnen, weil er bei Ihnen nichts fürchten muss. 

 

Deshalb: verzichten sie auf  Starkzwangmittel wie Würger, Stachelhalsbänder und Co. 

 

Ihr Hund lernt nichts - er meidet nur Schmerz und Angst und das prägt seine Beziehung zu Ihnen.

 

Ach - es gibt Erziehungshilfen, die sind bei mir erlaubt und willkommen: Lob, Streicheln, Leckerchen................................